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Urteile

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Landesarbeitsgericht Hamm – 2 Sa 179/21

Ein Arbeitnehmer ruft die ihm digital zur Verfügung gestellten Lohnabrechnungen nicht ab und verklagt seinen Arbeitgeber stattdessen auf Erteilung. Das Landesarbeitsgericht Hamm gibt ihm sogar recht!

Der Fall

Der Kläger ist bei der Beklagten als Mitarbeiter im Fuhrpark beschäftigt. Die Beklagte informierte ihn und seine Kollegen im März 2019 darüber, dass die Lohnabrechnungen zukünftig verschlüsselt in einem Online-Portal bereitgestellt werden und es keine ausgedruckten Lohnabrechnungen mehr geben wird.

Tatsächlich erhielt der Kläger sodann keine ausgedruckten Lohnabrechnungen mehr. Er besuchte das Online-Portal auch nicht und druckte sich die Lohnabrechnungen daher auch selber nicht aus. Stattdessen verklagte er seinen Arbeitgeber nach einiger Zeit, ihm die bisher nicht überreichten Lohnabrechnungen zu erteilen. Dies waren zum Zeitpunkt des Urteils am Ende Lohnabrechnungen für 15 Monate.

Der Kläger vertrat die Auffassung, dass das Bereitstellen der Lohnabrechnungen in digitaler Form seiner Zustimmung bedarf und es nicht ausreichend sei, diese in einem Online-Portal hochzuladen. Die Lohnabrechnungen müssten vielmehr in Textform erteilt werden. Die Möglichkeit des Abrufs wird diesem Erfordernis nicht gerecht.

Die Beklagte sah dies anders. Mit dem Hochladen und dem Bereitstellen sei die Erteilung in Textform erfüllt. Ein Zustimmungserfordernis des Klägers sei nicht erforderlich.


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Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied jedoch ebenso wie zuvor bereits das Arbeitsgericht zugunsten des Klägers.

Für die Richter*innen hat die Beklagte dem Kläger die Lohnabrechnungen korrekt erstellt, indem diese im PDF-Format im Online-Portal eingestellt wurden. Aber nach § 108 GewO ist nicht nur die Pflicht der Erstellung einer Lohnabrechnung auf Arbeitgeberseite gegeben, sondern die Pflicht zur Erteilung. Die Pflicht zur Erteilung von Lohnabrechnungen wird jedoch erst dann erfüllt, wenn auch ein Zugang der erstellten Lohnabrechnungen gegeben ist.

Erst wenn die Willenserklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, ist ein Zugang gegeben. Bei einer Übersendung der Lohnabrechnungen per E-Mail an die dienstliche E-Mail-Adresse des Klägers wäre daher ein Zugang wohl am Ende auch für das Landesarbeitsgericht gegeben gewesen. Das Einstellen in ein Online-Portal genügte für die Richter*innen jedoch hingegen nicht. Das Berufen des Klägers auf einen Zugang in Textform sei auch nicht rechtsmissbräuchlich:

„Durch das bloße Bereitstellen einer elektronischen Erklärung gelangt diese jedoch noch nicht in den Machtbereich des Empfängers. Vielmehr ist insofern noch eine aktive Mitwirkung des Arbeitnehmers erforderlich, in dem er den Ort, an dem sich der Online-Zugang befindet aufsucht und die Lohnabrechnung unter Verwendung seines Passwortes dann abruft und ausdruckt.

Nach der bestehenden Regelung des § 108 GewO besteht jedoch ein Anspruch auf die Erteilung der Lohnabrechnung, nicht lediglich auf deren Bereitstellung verbunden mit einer aktiven Tätigkeit des Arbeitnehmers, die Lohnabrechnung in einer vom Arbeitgeber bereitgestellten "Vorrichtung" abzuholen, sodass die Berufung auf die Erfüllung eines Anspruchs in der nach der bisherigen Gesetzeslage bestehenden Form allein keinen Rechtsmissbrauch begründen kann. Aus alldem folgt, dass die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.“

Hinweise für die Praxis

Der Zugang einer Willenserklärung ist ein häufiges Problem im Arbeitsrecht. Insbesondere wenn es um den Zugang einer Kündigung geht, passieren immer mal wieder teure Fehler. Geht eine Kündigung nicht oder verspätet zu, kostet der/die gekündigte Arbeitnehmer*in in jedem Fall weitere Vergütung.

Dass ein/eine Arbeitnehmer*in wegen einer nicht erteilten Lohnabrechnung klagt, ist eher der absolute Ausnahmefall. Die digitale Zurverfügungstellung von Lohnabrechnungen ist grundsätzlich zulässig. Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitnehmer*innen diesen Übermittlungsweg sogar selbst grundsätzlich bevorzugen. Die Kosten der digitalen Zurverfügungstellung sind meist deutlich niedriger.

Sofern einzelne Arbeitnehmer*innen nicht mit der digitalen Übermittlung einverstanden sind, müsste rechtlich geprüft werden, welcher konkrete Übermittlungsweg gewählt worden ist und ob dieser zulässig ist.

Doch was ist die tatsächliche Konsequenz einer nicht oder einer verspätet erteilten Lohnabrechnung? Arbeitnehmer*innen erhalten – sofern die Zahlung selbst ordnungsgemäß erfolgt ist – nicht mehr Vergütung oder Zinsen. Letztlich können Arbeitgeber*innen nur auf die Erteilung verklagt werden und dies kostet letztlich anders als bei dem fehlerhaften Zugang einer Kündigung nicht enorme Beträge.

Kommt es am Ende zu einem Urteil gegen den Arbeitgeber, fallen Gerichtskosten an. Diese belaufen sich bei einer Bruttomonatsvergütung des/der Arbeitnehmer*in von € 3.000,00 brutto und einem Streit um eine einzige Lohnabrechnung auf € 76,00. Dies ist ein mehr als überschaubarer Betrag.

Noch günstiger würde es nur werden, wenn man nach einer entsprechenden Aufforderung die Lohnabrechnung ausdruckt und in einem klärenden Gespräch dem/der Arbeitnehmer*in erteilt.

Wie man den Zugang einer Kündigung sicherstellt, erfahren Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht zum Thema Zugang der Kündigung“.


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