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Urteile

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LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.03.2021 – 6 Sa 284/20

Arbeiten unter Alkoholeinfluss: Betroffene Arbeitgeber sehen sich regelmäßig einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. Macht es einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer während der Arbeit Alkohol konsumiert oder bereits alkoholisiert zur Arbeit erscheint? Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen können überhaupt aus einem Alkoholmissbrauch gezogen werden? Und wie ist richtig mit dem häufigen Einwand umzugehen, der Arbeitnehmer sei alkoholsüchtig?

Der Fall

Der Kläger war seit dem 15.07.2014 als Berufskraftfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Am 05.11.2019 verursachte dieser mit dem LKW der Beklagten einen Unfall, bei dem er das Fahrzeug in einen Straßengraben fuhr. Der finanzielle Schaden der Beklagten bezifferte sich auf rund € 105.000,00. Darüber hinaus wurde noch am Unfallort beim Kläger ein Atemalkoholwert von 1,46 Promille festgestellt. Die Beklagte kündigte daraufhin – ohne vorherige Abmahnung – mit Schreiben vom 07.11.2019 das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Der Kläger wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die ausgesprochene Kündigung. Er hätte zwar Alkohol getrunken, die Ursache für den Unfall sei aber ein einfacher Fahrfehler gewesen, der ihm auch nicht alkoholisiert unterlaufen wäre. Er sei schlicht mit dem LKW auf die Bankette gekommen und dadurch in den Graben gerutscht. Zudem sei er schwerbehindert. Die Kündigung sei daher schon unwirksam, weil die Beklagte nicht die notwendige Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eingeholt habe.

Nachdem das Arbeitsgericht Elmshorn die Klage abgewiesen hatte, legte der Kläger Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein ein. Neben den bisherigen Argumenten trug er nunmehr vor, bei der Interessenabwägung wären sein Alter, seine Betriebszugehörigkeit und vor allem die enorme Höhe der Schadenersatzansprüche, denen er ausgesetzt sei, nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn und wies die Berufung zurück.

Der Kläger habe in schwerwiegender Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Dabei sei auch nicht entscheidend, ob der Alkoholkonsum des Klägers tatsächlich die Ursache für den Unfall war. Ein Berufskraftfahrer haben aufgrund der besonderen Gefahren des öffentlichen Straßenverkehrs nämlich jeden Alkoholkonsum zu unterlassen, der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtige. Die gravierende Pflichtverletzung habe daher nicht erst im Unfall und in der Verursachung des (finanziellen) Schadens gelegen, sondern bereits darin, dass der Kläger seine Arbeit am Steuer eines LKW massiv alkoholisiert aufgenommen hatte:

„Der Kläger hat eine Pflichtverletzung begangen, durch welche er nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer sowie Güter der Beklagten in Gefahr gebracht hat. Zu berücksichtigen ist, dass der Kläger massiv alkoholisiert gefahren ist (1,46 Promille).

Ob der durch den Unfall verursachte erhebliche Schaden an dem LKW auf die Trunkenheitsfahrt zurückzuführen ist, kann offenbleiben. Selbst wenn der Kläger den Unfall auch im nicht alkoholisierten Zustand verursacht hätte, kann das nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dadurch würde das durch den Pflichtenverstoß - Fahren des LKW im erheblich alkoholisierten Zustand - geschaffene Risiko im Nachhinein unangemessen relativiert.“

Die Pflichtverletzung sei darüber hinaus derart gravierend, dass die Beklagte fristlos habe kündigen dürfen. Es habe vor allem auch keiner vorherigen Abmahnung bedurft:

„Als Berufskraftfahrer musste dem Kläger bewusst sein, dass er nicht alkoholisiert am Steuer sitzen darf. Er musste damit rechnen, dass auf einen Verstoß gegen diese Pflicht ohne weiteres die Kündigung folgt.“

Seine mehrfach aufgestellte Behauptung, er sei schwerbehindert beziehungsweise gleichgestellt, hatte der Kläger in der Berufungsinstanz letztlich nicht länger aufrechterhalten.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil ist aus unserer Sicht völlig zutreffend. Bereits 1995 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass sich Arbeitnehmer nicht in einen Zustand versetzen dürfen, in denen sie ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht erfüllen beziehungsweise sich oder andere gefährden können. Diese Pflicht erstreckt sich auch auf die Freizeit. Konsumiert der Arbeitnehmer in seiner Freizeit Alkohol, muss er gewährleisten, dass er bei Arbeitsaufnahme wieder arbeitsfähig ist.

Der Kläger hat es der Beklagten vorliegend aber auch besonders leichtgemacht und nicht einmal vorgetragen, dass er alkoholkrank sei. Dieser Einwand ist für Arbeitgeber besonders problematisch und deshalb bei Arbeitnehmern sehr „beliebt“! Der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist nämlich ausgeschlossen, wenn das jeweilige Fehlverhalten auf einer krankhaften Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers beruht. Eine Krankheit kann man dem Arbeitnehmer eben nicht vorwerfen.

Liegt tatsächlich eine Alkoholkrankheit vor, muss der Arbeitgeber eine personenbedingte – krankheitsbedingte – Kündigung aussprechen. Die stellt aber hohe Hürden an den Arbeitgeber. So sind regelmäßig das Scheitern einer Entziehungskur und die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Kündigung.

Weitere Informationen zu der Abgrenzung einer verhaltensbedingten von einer personenbedingten Kündigung und deren jeweiligen Voraussetzungen erhalten Sie hier in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht“.


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