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Urteile

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Arbeitsgericht Oldenburg Urteil vom 25.05.2021 - 6 Ca 141/21

Rückzahlungsvereinbarungen in Arbeitsverträgen sollen verhindern, dass Arbeitnehmer direkt nach Erhalt einer einmaligen Sonderzahlung ihre Kündigung einreichen. Die Anforderungen der Rechtsprechung an solche Vereinbarungen sind jedoch so hoch, dass sie einer rechtlichen Überprüfung häufig nicht standhalten und im Ergebnis kein Anspruch des Arbeitgebers auf eine Rückzahlung besteht. Doch selbst wenn diese erste Hürde genommen und eine wirksame Vereinbarung getroffen wurde, kann die Rückzahlung trotzdem scheitern.

Der Fall

Der Kläger war als Erzieher bei der Beklagten, einer Kindertagesstätte, beschäftigt. Diese gewährte ihren Arbeitnehmern im November 2020 einmalig eine „Corona-Prämie" in Höhe von € 550,00 netto. Sie wies in einem Rundschreiben darauf hin, dass die Sonderzahlung

„einmalig steuerfrei in Bezug auf die Corona-Pandemie“

erfolge. Als der Kläger kurz nach Erhalt der Prämie kündigte, berief sich die Beklagte auf eine vertraglich vereinbarte Rückzahlungsklausel:

„Scheidet ein Mitarbeiter binnen zwölf Monaten, gerechnet nach Ausstellungsdatum der Kündigung, nach Gewährung von freiwilligen Zuwendungen auf eigenes Verlangen ohne schuldhaftes Verhalten der Einrichtung oder wegen eines Grundes aus, der zur fristlosen Entlassung geführt hat oder berechtigt hätte, so kann nach § 5 Ziffer 7 des Arbeitsvertrags die Einrichtung die freiwilligen Zuwendungen zurückverlangen, es sei denn, die gesamten Zuwendungen übersteigen nicht den Betrag in Höhe von 50,00 €.“

Die Beklagte rechnete die „Corona-Prämie“ mit den beiden letzten Arbeitslöhnen des Klägers auf und behielt den Lohn für März und April 2021 teilweise ein. Der Kläger erhob daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht Oldenburg und verlangte Zahlung seines ausstehenden Gehalts.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Oldenburg gab der Klage statt. Die arbeitsvertragliche Rückzahlungsvereinbarung sei gleich aus zwei Gründen unwirksam.

Zum einen liege die „Corona-Prämie“ unterhalb einer Monatsvergütung. In Ansehung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts benachteilige die Rückzahlungsverpflichtung den Kläger daher unangemessen im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB, da sie trotz der geringen Höhe der Prämie eine Bindung über das nachfolgende Quartal hinaus vorsehe.

Zum anderen dürfe der Arbeitgeber – wiederum nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes – dem Arbeitnehmer durch seine Vertragsgestaltung nicht den vereinbarten Lohn für bereits geleistete Arbeit nachträglich wieder entziehen. Eine Sonderzahlung, die zumindest auch die Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen darstelle, könne deshalb nicht wirksam davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis nach dem jeweiligen Abrechnungszeitraum noch bestehe. Die vertragliche Rückzahlungsvereinbarung enthalte aber keine Ausnahmen von der Rückzahlungspflicht.

Dass die Beklagte mit der Prämie zumindest auch erbrachte Arbeitsleitungen honorieren wollte, werde aus dem vollständigen Rundschreiben deutlich. Ein objektiver Leser habe das Schreiben nur so verstehen können, dass mit der Prämie die besonderen Belastungen des Klägers und seiner Kolleginnen und Kollegen während der Corona-Pandemie in gewissem Rahmen finanziell ausgeglichen und anerkannt werden sollten.

Hinweise für die Praxis

Das Urteil beschäftigt sich aus aktuellem Anlass mit einer im Kern bereits bekannten und höchstrichterlich entschiedenen Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Arbeitgeber Sonderzahlungen vom Arbeitnehmer zurückfordern?

Aufgrund der engen Vorgaben durch das Bundesarbeitsgericht können Sonderzahlungen dann nicht zurückgefordert werden, wenn Sie nicht ausschließlich die Betriebstreue belohnen, sondern zumindest auch die bereits erbrachte Arbeitsleistung honorieren. Die Honorierung von geleisteter Arbeit darf sich insbesondere auch nicht aus Begleitschreiben oder ähnlichem ergeben. Darüber hinaus ist die mögliche Dauer des Bindungszeitraums wiederum von der Höhe der Sonderzahlung abhängig. Regelmäßig wären daher sehr hohe Sonderzahlungen notwendig, um den Arbeitnehmer für die beabsichtigte Dauer zu binden.

Die sogenannte „Corona-Prämie“ in Höhe von maximal € 1.500,00 wurde vom Bundesfinanzministerium im vergangenen Kalenderjahr erarbeitet. Diese steuer- und sozialfreie Zahlung an Arbeitnehmer war und ist ein beliebtes Instrument vieler Arbeitgeber, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu unterstützen. Die Steuerfreiheit dieser Zahlung wurde zuletzt bis zum 31.03.2022 verlängert. Allerdings darf pro Arbeitnehmer insgesamt (auch über die Jahre hinweg) nur ein Betrag von insgesamt € 1.500,00 gezahlt werden. Sollten Sie dieses Volumen bei einzelnen Mitarbeitern noch nicht ausgeschöpft haben und diesen Mitarbeitern aus Dankbarkeit, als Motivationsspritze oder aus sonstigen Gründen etwas zusätzlich zahlen wollen, denken Sie an diese für beide Parteien wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit.

Erfahren Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht“ zudem, worauf bei der Vertragsgestaltung geachtet werden sollte und wieso insbesondere der Ausschluss der betrieblichen Übung einer Rückzahlungsvereinbarung entgegenstehen kann.


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